Die Rolle des Energieträgers Erdgas für die Energieversorgung in Deutschland

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Teil 1: Rückschau
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Mit dem Bedeutungszuwachs von Erdgas als Primärenergieträger ab Mitte der 1960er Jahre entstand in Deutschland eine Erdgaswirtschaft, die über die Sektoren Handel und Vertrieb hinaus Industriezweige in der Produktions- und Logistikindustrie ausprägte. Ab den 1970er Jahren wurden, als Reaktion auf die Ölpreiskrise, parallel zur Ausweitung der inländischen Förderung, Lieferbeziehungen zu den Niederlanden, Russland und Norwegen etabliert. Im Kontext politischer Leitlinien rückte schnell das Russlandgeschäft in den Vordergrund, bereits im Jahr 1980 erreichte der Anteil russischer Importe über 30 %. Die 1990er Jahre waren bestimmt durch Machtkämpfe um die Preissetzungsdominanz zwischen der Ruhrgas und dem BASF-Konzern. Letztlich wurde dieser „Gaskrieg“ unter politischer Vermittlung durch den Abschluss langfristiger Liefervereinbarungen beigelegt. Als Konsequenz rückte in den 2000ern die Regelung der Vertragsbeziehungen zwischen Erdgaslieferanten und Importunternehmen in den Fokus der Politik, die Folge war eine Neuordnung der Unternehmensstrukturen auf dem deutschen Erdgasmarkt. Die politisch geförderte deutsch-russische Energiepartnerschaft bestimmte ganz wesentlich den Ausbau der Gasinfrastruktur und führte zur Errichtung von drei zentralen Einfuhrkorridoren für russisches Gas: die Yamal-Pipeline, das Sojus/Transgas-System, sowie die Nord Stream 1 Pipeline. Wirtschaftliche Überlegungen führten hingegen dazu, dass bereits seit den späten 1970er Jahren bestehende Pläne zur Errichtung eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven nicht verwirklicht wurden. Seit dem Beginn der Erdgasgewinnung in beiden deutschen Staaten, in den 1950er Jahren, stieg ihr Stellenwert bis in die 1980er Jahre kontinuierlich an; 1979 wurde in der Bundesrepublik Deutschland das absolute Fördermaximum mit 20,36 Mrd. m³ Rohgas erreicht. Trotz seither rückläufigen Produktionsmengen trug heimisches Erdgas 2001 mit einem Höchstwert von 17,3 % zur Primärenergieerzeugung bei, 2022 betrug das Reserven-/Produktionsverhältnis 7,4 Jahre. 2016 endete die offizielle Veröffentlichung differenzierter Daten zur Herkunft der deutschen Erdgasimporte. Die Fortführung der Daten auf Grundlage eigener Berechnungen verdeutlicht die Position Russlands als dominierendes Lieferland. Gleichwohl blieben russische Lieferungen, mit Ausnahme des Rekordjahres 2018, unterhalb der 50 %-Marke. Perspektivisch werden die Bemühungen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit, neben der Diversifizierung von Lieferquellen und der Errichtung von LNG-Terminals, eine Veränderung des Marktdesigns und stärkere staatliche Regulierungen der Preisbildung zur Folge haben. Auch die Verkürzung der fossilen Erdgasbrücke wird durch Maßnahmen, wie Einsparungsanreize für private Haushalte, Verlagerungen auf alternative Energieträger in industriellen Anwendungen und dem weitgehenden Verzicht auf Erdgas in der Stromerzeugung, ein relevanter Faktor.
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Autoren Hans-Wilhelm Schiffer, Mark-Alexander Kreysel und Hans-Georg Fasold
Erscheinungsdatum 25.01.2023
Format PDF
Verlag Vulkan-Verlag GmbH
Sprache Deutsch
Seitenzahl 8
Titel Die Rolle des Energieträgers Erdgas für die Energieversorgung in Deutschland
Untertitel Teil 1: Rückschau
Beschreibung
Mit dem Bedeutungszuwachs von Erdgas als Primärenergieträger ab Mitte der 1960er Jahre entstand in Deutschland eine Erdgaswirtschaft, die über die Sektoren Handel und Vertrieb hinaus Industriezweige in der Produktions- und Logistikindustrie ausprägte. Ab den 1970er Jahren wurden, als Reaktion auf die Ölpreiskrise, parallel zur Ausweitung der inländischen Förderung, Lieferbeziehungen zu den Niederlanden, Russland und Norwegen etabliert. Im Kontext politischer Leitlinien rückte schnell das Russlandgeschäft in den Vordergrund, bereits im Jahr 1980 erreichte der Anteil russischer Importe über 30 %. Die 1990er Jahre waren bestimmt durch Machtkämpfe um die Preissetzungsdominanz zwischen der Ruhrgas und dem BASF-Konzern. Letztlich wurde dieser „Gaskrieg“ unter politischer Vermittlung durch den Abschluss langfristiger Liefervereinbarungen beigelegt. Als Konsequenz rückte in den 2000ern die Regelung der Vertragsbeziehungen zwischen Erdgaslieferanten und Importunternehmen in den Fokus der Politik, die Folge war eine Neuordnung der Unternehmensstrukturen auf dem deutschen Erdgasmarkt. Die politisch geförderte deutsch-russische Energiepartnerschaft bestimmte ganz wesentlich den Ausbau der Gasinfrastruktur und führte zur Errichtung von drei zentralen Einfuhrkorridoren für russisches Gas: die Yamal-Pipeline, das Sojus/Transgas-System, sowie die Nord Stream 1 Pipeline. Wirtschaftliche Überlegungen führten hingegen dazu, dass bereits seit den späten 1970er Jahren bestehende Pläne zur Errichtung eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven nicht verwirklicht wurden. Seit dem Beginn der Erdgasgewinnung in beiden deutschen Staaten, in den 1950er Jahren, stieg ihr Stellenwert bis in die 1980er Jahre kontinuierlich an; 1979 wurde in der Bundesrepublik Deutschland das absolute Fördermaximum mit 20,36 Mrd. m³ Rohgas erreicht. Trotz seither rückläufigen Produktionsmengen trug heimisches Erdgas 2001 mit einem Höchstwert von 17,3 % zur Primärenergieerzeugung bei, 2022 betrug das Reserven-/Produktionsverhältnis 7,4 Jahre. 2016 endete die offizielle Veröffentlichung differenzierter Daten zur Herkunft der deutschen Erdgasimporte. Die Fortführung der Daten auf Grundlage eigener Berechnungen verdeutlicht die Position Russlands als dominierendes Lieferland. Gleichwohl blieben russische Lieferungen, mit Ausnahme des Rekordjahres 2018, unterhalb der 50 %-Marke. Perspektivisch werden die Bemühungen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit, neben der Diversifizierung von Lieferquellen und der Errichtung von LNG-Terminals, eine Veränderung des Marktdesigns und stärkere staatliche Regulierungen der Preisbildung zur Folge haben. Auch die Verkürzung der fossilen Erdgasbrücke wird durch Maßnahmen, wie Einsparungsanreize für private Haushalte, Verlagerungen auf alternative Energieträger in industriellen Anwendungen und dem weitgehenden Verzicht auf Erdgas in der Stromerzeugung, ein relevanter Faktor.
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